Angstzustände: Wie das Angstgefühl im Gehirn funktioniert

4. Dezember 2020 Lesezeit: 4 Minuten von Niels

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Angstzustände: Wie das Angstgefühl im Gehirn funktioniert
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Jeder Mensch macht irgendwann in seinem Leben Erfahrungen mit Furcht und Angst. Furcht ist eine unmittelbare Reaktion auf einen bestimmten bedrohlichen Reiz. Angst oder Angstzustände hingegen sind eine weniger intensive, aber anhaltendere Reaktion auf angsteinflößende Auslöser. So kann man zum Beispiel vor der denkbaren Möglichkeit, auf einer Wanderung im Wald einer Schlange zu begegnen, Angst haben, während man Furcht empfindet, wenn die Schlange direkt vor einem auf dem Boden kriechen würde.

 

Welcher Teil des Gehirns ist für Angst verantwortlich? Was passiert in einem Gehirn, das von Angstzuständen betroffen ist?

Manche Menschen sind grundsätzlich ängstlich, ohne wirklich zu wissen, warum. Normalerweise bewältigt das Gehirn unsere Furcht und Angst, ohne dass sie uns in unserem täglichen Dasein stören. Wenn sich eine Bedrohung in der Nähe befindet, helfen uns verschiedene Bereiche des Gehirns, die Gefahr zu begreifen, indem sie unsere Angst und Furcht verstärken oder unterdrücken.

Für manche Menschen wird die Angst jedoch überwältigend und kann ihr alltägliches Leben beeinträchtigen. Angst wird dann zum Problem, wenn die entsprechenden Hirnareale nicht richtig (oder gar nicht) funktionieren und einen Strom zweckwidriger oder irrationaler Verhaltensweisen auslösen. 

Bis vor kurzem glaubten Wissenschaftler, dass ein winziges Hirnareal, die Amygdala, als Zentrum der Angst und Furcht dient. Heute wissen wir jedoch, dass Angstzustände das Ergebnis des ständig vor sich hin ratternden Austauschs zwischen verschiedenen Hirnregionen sind – sozusagen eines Angstnetzwerks. Keine Hirnregion feuert die Angst allein von sich aus an. Stattdessen sind die Interaktionen zwischen vielen Hirnregionen dafür verantwortlich, wie wir Angst empfinden.

 

Angstzustände

Angst und das Gehirn: Die Emotionale & Rationale Gehirnhälfte

Eine mögliche Erklärung stellt die Trennung des Gehirns in zwei Teile dar: in ein kognitives Gehirn und ein emotionales Gehirn. Der Frontallappen, in dem alle unsere Empfindungen und Gedanken als eine einheitliche Erfahrung zusammenkommen, ist das kognitive Gehirn. Die Amygdala, die sich tief im Inneren des Gehirns befindet, ist Teil des emotionalen Gehirns. Nach dieser Theorie empfinden wir nur dann Angst, wenn Signale aus dem emotionalen Gehirn das kognitive Gehirn überwältigen und in unser Bewusstsein dringen. Wenn man rationalisieren kann, dass z.B. Schlangen in den Wäldern, in denen man wandert, ziemlich selten sind (mithilfe des kognitiven Gehirns), dann überwältigt und bändigt das kognitive Gehirn das emotionale Angstnetzwerk.

Zum Beispiel verstärkt eine Region im Frontallappen, der dorsale, anteriore, cinguläre Kortex (dACC), Angstsignale, die von der Amygdala kommen. Wenn Patienten mit Angstzuständen Bilder von furchtverzerrten Gesichtern gezeigt werden, fahren der dACC und die Amygdala (neben anderen Hirnregionen) ihre Aktivität hoch und erzeugen ein spürbares Gefühl der Angst. Menschen ohne Angstzustände zeigen hingegen wenig bis keine Reaktion.

Andererseits scheint ein anderer Teil des Frontallappens, der als ventromedialer, präfrontaler Kortex bezeichnet wird, die von der Amygdala ausgehenden Signale zu dämpfen. Bei Patienten mit einer Schädigung dieser Hirnregion ist es wahrscheinlicher, dass sie unter Angstzuständen leiden, da die Bremsen der Amygdala gelöst wurden.

Mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) konnten Wissenschaftler beweisen, dass diese Hirnregionen aktiv werden, wenn Menschen Angstzustände erleben. Aber die Details über das Zusammenwirken dieser Regionen sind noch ungeklärt. Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten nach wie vor hart daran, die Geheimnisse um Angst und Angststörungen zu lüften.

 

Die Behandlungsarten entwickeln sich weiter

Aber es gibt guten Grund zur Hoffnung für Patienten mit Angstzuständen. Einige der Betroffenen profitieren von medikamentösen Therapien, wie Antidepressiva. Andere Patienten zeigen Besserung dank einer Verhaltenstherapie. Eine Art der Verhaltenstherapie setzt die Patienten nach und nach den Auslösern ihrer Angst aus. Mit der Zeit lernen die Patienten, ihre Angst durch die wiederholte Begegnung zu überwinden, da diese Situationen zu keinem tatsächlichen Schaden führen.

Neben Medikamenten und Verhaltenstherapien verfolgen Wissenschaftler und Psychiater auch neue Wege zur Behandlung von Angstzuständen und lassen sich dabei von den neuesten Erkenntnissen leiten. Einige Wissenschaftler nutzen MRT-Hirnscans, um Patienten mit bestimmten Therapien abzustimmen, da Angststörungen von Person zu Person variieren. Andere setzen Techniken wie die tiefe Hirnstimulation ein, um angstauslösende Hirnregionen wieder in einen gesünderen Zustand zu versetzen.

 

Referenzen

Baycrest Centre for Geriatric Care. (2016, January 21). Chronic stress, anxiety can damage the brain, increase risk of major psychiatric disorders. ScienceDaily. www.sciencedaily.com/releases/2016/01/160121121818.htm

Mayo Clinic Staff. (2018). Anxiety disorders. mayoclinic.org/diseases-conditions/anxiety/symptoms-causes/syc-20350961

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